Therapiebegleitete App für suchtkranke Eltern

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Die Baden-Württemberg Stiftung fördert das Projekt „Elternsein motiviert und abstinent“ (ELMA 2.0). Entwickelt werden soll eine App, die betroffenen Eltern dabei hilft, abstinent zu bleiben.

In Baden-Württemberg leben 250.000 Kinder in Familien mit einem suchterkrankten Elternteil. Diese Mütter und Väter sind häufig zusätzlich von weiteren psychischen Erkrankungen betroffen. Es stellt für sie eine große Herausforderung dar, abstinent zu bleiben und gleichzeitig ihre Rolle als Eltern ausreichend auszufüllen. Kinder aus diesen Familien haben schlechtere soziale Teilhabe- und Bildungschancen sowie eine deutlich höhere Gefahr, im Laufe ihres Lebens selbst eine psychische Erkrankung oder eine Suchterkrankung zu entwickeln.

Therapiebegleitende App für suchterkrankte Eltern

Hier setzt das Projekt ELMA 2.0 an und macht sich zur Aufgabe, die Abstinenzfähigkeit sowie die Erziehungsfähigkeit suchterkrankter Eltern zu verbessern. Dafür soll eine App entwickelt werden, die bestehende suchttherapeutische Angebote in Kliniken und Suchtberatungsstellen in Baden-Württemberg ergänzen kann. Die Betroffenen sollen mit Hilfe der App die in der Suchttherapie erlernten Inhalte leichter in ihren Alltag integrieren können.

ELMA 2.0 wird vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim zusammen mit dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch entwickelt. Das Projekt ist Anfang Mai gestartet. Gefördert wird es von der Baden-Württemberg Stiftung. Die App soll den Eltern kostenfrei während ihrer Behandlung in den am Projekt beteiligten Kliniken und Suchtberatungsstellen in ganz Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt werden.

„Eine Behandlung ist wirkungsvoller, wenn die PatientInnen sich auch zwischen den Sitzungen mit Therapieinhalten beschäftigen und diese in ihrem Alltag anwenden. Suchterkrankten Eltern fällt es allerdings oft schwer, ihre Aufgaben auf Papier zu bearbeiten. Außerdem ist die Umsetzung des Gelernten im stressigen Familienalltag so oft erschwert. Eine App auf dem eigenen Smartphone kann das erleichtern“, sagt PD Dr. Anne Koopmann, Oberärztin an der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am ZI und Leiterin des ELMA 2.0 Projekts.

Betroffene erhalten Informationen und Anleitungen

Im Infobereich der App werden Betroffene Audio- und Videobeiträge zum besseren Umgang mit ihrer Suchterkrankung sowie zu Selbstfürsorge- und Erziehungsthemen finden. Dazu gehören etwa die Gestaltung eines Pausenbrots oder Entspannungsübungen gemeinsam mit dem Kind. Um das Suchtverhalten nachhaltig zu reduzieren, sind in der App Anleitungen mit konkreten Strategien zur Reduktion von Suchtverlangen geplant. Zudem werden Eltern angeleitet, regelmäßig ihr Suchtverlangen, ihre Gefühle und den Zusammenhang mit Belastungen und Herausforderungen im Erziehungsalltag über eine interaktive Tagebuchfunktion zu reflektieren.

Digitale Anwendung erleichtert den Zugang

Das Suchthilfesystem in Deutschland ermöglicht Betroffenen grundsätzlich flächendeckend einen guten Zugang zu Therapieprogrammen. Suchterkrankte Eltern erleben den Zugang zu diesen Angeboten jedoch häufig als erschwert und können sie nicht wahrnehmen. Ihnen fehlt die soziale und/ oder familiäre Unterstützung, um die Kinder während der Behandlungszeit zu betreuen.

 „Die ELMA 2.0 App kann eine bedeutende Versorgungslücke schließen, da sie gut mit dem Familienalltag vereinbar ist. Betroffene können sie ohne zeitliche Einschränkungen zwischen den Behandlungsterminen nutzen. Sie steht auch strukturschwächeren und ländlichen Regionen ohne viel Aufwand zu Verfügung“, sagt Tobias Link, Chefarazt der Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden und Co-Leiter des Projekts ELMA 2.0.

Für suchterkrankte Eltern mit Migrationshintergrund oder Geflüchtete aus Krisengebieten ist der Zugang zu Behandlungsangeboten zudem dadurch erschwert, dass es kaum Therapieangebote in ihrer Muttersprache gibt. Daher sollen die Inhalte der App in verschiedenen Sprachen angeboten werden – zunächst Deutsch, Englisch, Französisch, Ukrainisch, Russisch, Türkisch und Polnisch.

Angehörige können mitgestalten

Die App soll auch für Angehörige in einem speziell für sie gestalteten Bereich Unterstützung bieten. Sowohl Kinder als auch erwachsene Angehörige erhalten Informationen und Tipps im Umgang mit der Erkrankung. Sie bekommen zudem die Möglichkeit, Motivationshilfen zu gestalten. Die positive Verstärkung aus dem sozialen Umfeld trägt dazu bei, den Suchtmittelkonsum zu reduzieren.

ELMA 2.0 – Ein Kollaborationsprojekt

ELMA 2.0 wird vom Feuerlein Centrum für translationale Suchtmedizin (Feuerlein-CTS) entwickelt. Das Feuerlein Centrum ist eine Kooperation zwischen der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin des ZI und der Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden in Wiesloch. Die App ELMA 2.0 soll an allen Suchtkliniken der Zentren für Psychiatrie Baden-Württembergs (ZfP), den Suchtberatungsstellen und Rehakliniken des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation (bwlv) und des AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V genutzt werden.

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Mit ELMA 2.0 sollen suchterkrankte Eltern Therapieinhalte besser in den Alltag integrieren können. Foto: istockphoto.com © kasto80
Mit ELMA 2.0 sollen suchterkrankte Eltern Therapieinhalte besser in den Alltag integrieren können. Foto: istockphoto.com © kasto80